Wer die Distro nutzt, der ist selbst schuld.

Nein.

Am liebsten würde ich den Blogpost so stehen lassen. Ich finde das “Nein.” sagt alles darüber aus. Aber dann könnte ich mir das ganze hier auch schenken. Also, worum geht es?

Unter GNU/Linux gibt es ja bekanntlich irrsinnig viele Distributionen - kurz: Distros - welche alle unterschiedliche Eigenschaften und Basis-Systeme haben. Der gemeinsame Nenner: Der Linux-Kernel. Möchte man nun ein System aufsetzen, muss man eine Entscheidung treffen. Bin ich ein Anfänger oder bin ich fortgeschritten? Nutze ich lieber RPM, DEB oder bin ich ein Hipster, der lieber selbst compiled? Brauche ich eine GUI? Wenn ja, nehme ich KDE, GNOME, MATE, Xfce, awesome, i3? Kurz: Es gibt unendlich viele Möglichkeiten. Ist alles schön und gut. Nur stellt sich mir da die Frage: Brauch ich das?

Die Antwort ist für mich ganz klar: Nicht wirklich. Natürlich ist es nice to have, wenn da nicht die ganzen Minuspunkte wären. Der große Minuspunkt von Open Source: Jeder kann mitmachen. Ich mein, versteh mich nicht falsch, das ist wunderbar, nur hat es eben auch diverse Nachteile. Viele verzichten auf QA, also die Qualitätssicherung. Man muss also bei jedem Update Angst haben, dass es einem das komplette System zerschießt. Natürlich kann man das als Linux-Profi locker wieder beheben, aber sind wir mal ehrlich: Das ist doch scheiße. Und ja, das ist mir schon oft passiert.

Ein weiterer Nachteil von Open Source ist, dass man alles forken kann. Forken bedeutet, dass man ein Projekt kopiert und es getrennt weiterentwickelt. Es entstehen also zwei Versionen eines Projektes. Beide mit kleinen Anpassungen. Auch das ist toll, nur kostet es unnötig Ressourcen. Anstatt also an einem Projekt so lange zu arbeiten, bis es gut wird, entscheiden sich die meisten einfach: “Lass uns unser eigenes Projekt starten.” Das Resultat: Ein Fork mit einem Bugfix, welcher es vermutlich nie in das ursprüngliche Projekt schafft. Der Fork wird dann noch kurz weiterentwickelt oder bleibt ein Randprodukt mit ein paar mehr Features, die irgendwie nur 5 Leute auf diesem Planeten brauchen.

Bestes Beispiel: Desktopumgebungen. Da gibt es z.B. GNOME 2. Aus dieser Version ist nicht nur GNOME 3 hervorgegangen, sondern auch die GNOME Shell, Cinnamon, MATE und garantiert noch eine Handvoll kleinerer Projekte. Warum? Weil alle etwas eigenes, cooles machen wollten und sich keiner einig war, wie es jetzt weiter gehen soll. Was haben wir jetzt? Vier Desktopumgebungen, welche alle nur halbwegs gut funktionieren, weil es der einen an Grafikern fehlt, der anderen an Programmierern und wieder andere haben einfach zu viele Bugs. Was wäre wohl, wenn wir statt vier Umgebungen nur eine oder vielleicht zwei hätten? Ganz genau. Wir hätten gebündelte Manpower, die ein Projekt ordentlich fertig bringt.

GNU_Linux_distro_timeline
Dieses Konzept lässt sich auch auf Distributionen anwenden. Es gibt eine sehr schöne Übersicht aller etwas größeren Linuxdistributionen und deren Herkunft. Guck dir die Grafik links an. Da kann mir kein Mensch sagen, dass das sinnvoll ist. Das ist einfach nur noch Quatsch. Es macht Sinn ein paar Basissysteme zu haben, zwischen denen man wählen kann. Aber diese Fülle an Distributionen ist absoluter Quatsch und komplett unsinnig.

Das Grundproblem von GNU/Linux ist also die Freiheit. Das, was Linux ausmacht. Deswegen ist das Betriebssystem in meinen Augen perfekt für Server, weil dort genug Geld fließt um Qualitätskontrolle zu bieten und stabile und sichere Systeme zu erstellen. Red Hat, SUSE (und Debian) zeigen, dass das möglich ist. Für den Desktop ist GNU/Linux jedoch nichts. Die alltäglichen Anwendungen laufen nur bedingt (Beispiel Photoshop. Wer hier ankommt mit “GIMP ist eine Alternative”, der hat noch nie wirklich mit Photoshop gearbeitet. Gleiches gilt für Videoschnitt und co.) und gerade die GUIs sind was die Optik und die Usability angeht schrecklich, da es zu wenig Designer und UX-Freaks in der Community gibt.

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Ich selbst arbeite gefühlt länger daran meine Systeme am Funktionieren zu halten als an meiner eigentlichen Arbeit. Auch hier habe ich natürlich ein Beispiel parat (siehe Bild rechts). Ich wollte auf meinem openSUSE 13.1 die Entwicklungsumgebung für Java - kurz JDK - installieren um meine Java-Anwendung zu kompilieren. Geht ja ganz einfach per Paketmanager. Das openJDK (nächstes Thema: Lizenzen. Aber damit will ich erst gar nicht anfangen) ausgewählt und installiert. Funktioniert super. Nur leider ist nicht drin, was drauf steht. In dem Paket enthalten ist nur die JRE. JRE ist nur die Laufzeitumgebung, entwickeln kann man mit ihr nicht. Was tun? Das dazugehörige Devel-Paket installieren. Macht ja Sinn, oder? Genau. Machts nicht. Und selbst wenn man dann beide Pakete installiert, meckert javac, dass ihm die JRE fehlt. So macht Arbeiten Spaß.

Jetzt kann man natürlich argumentieren: Ja, selbst schuld, wenn du openSUSE benutzt. Verwende halt [hier beliebige Distro einfügen]. Das hab ich dann auch getan. Drei Jahre hab ich jede erdenkliche Distribution ausprobiert und bin zu dem Entschluss gekommen: Es ist schlicht egal. Jede Distro hat irgendwo irgendwelche exorbitant peinlichen Probleme, welche bei der Größe des jeweiligen Projektes nicht auftreten dürften.