Satya Nadella goes Windows 10

Wenn man sich einmal die Geschichte Microsofts ansieht, kann man klar sehen, welch großen Unterschied die führende Kraft macht.

Als der Gründer Bill Gates noch die Oberhand hatte, machte die Firma große Fortschritte, bis dann 2000 Steve Ballmer der nächste CEO wurde. Kurz vor dem Start von Windows 7 verabschiedete sich Bill Gates dann komplett von Microsoft. Ballmer mag ein netter Mensch sein, als CEO hat er in meinen Augen aber komplett versagt. Wer bei einer Firma mit einer so beachtlichen Größe wie Microsoft eine Präsentation mit einer einminütigen Schrei-Session einleitet und dabei zeigt, wie wenig er sich selbst doch unter Kontrolle hat, ist vielleicht nicht der beste Kandidat um ein kritisches Unternehmen leiten zu können, welches sich im Laufe der Jahre sehr radikal anpassen muss.

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Wie erfolgreich Steve war, lässt sich auch am Börsenkurs sehr gut ablesen. Wir erinnern uns: Von 2000 bis 2014 war er der Microsoft-Chef, bis ihn dann Satya Nadella ablöste, der erstaunlicherweise alles ganz genau richtig macht. Jetzt, mit der Präsentation vom neuen Windows 10 kommt dann der entscheidende Schachzug, der vermutlich Apple, Linux, Google, Sony und Steam ziemlich Sorge bereitet hat. Denn plötzlich nimmt es Microsoft mit all diesen Firmen auf und steht momentan auf bestem Wege das Spiel zu gewinnen. Grund dafür ist einmal die enorme Reichweite Microsofts, zum anderen das klare Konzept. Natürlich, die Reichweite hat in letzter Zeit nachgelassen, doch hat man trotzdem noch ein entscheidendes Eisen im Feuer: Den Desktop. Auch wenn die mobile Welt von Google und Apple dominiert wird, macht Windows auf dem Desktop so schnell keiner was vor. Nicht, weil Windows besonders gut war, sondern einfach weil es am meisten Software und Hardware dafür gibt.

Mit dem neuen Konzept wirft man alte und teilweise peinliche Aktionen über Bord und konzentriert sich endlich auf die wesentlichen Dinge. Eine große Firma kann auch viele Baustellen gleichzeitig bewerkstelligen, weswegen es am besten ist das ganze kategorisiert anzugehen:

Scroogled

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Ich nenne sie gerne die Kleinkind-Kampagne. Es war ein Projekt um den einfachen Bürger gegen Google aufzuhetzen. Es gab Merchandise und unzählige Unterseiten auf denen man versuchte Google schlecht zu reden. “Google klaut eure Daten und verkauft sie an Werbetreibende” - “Google liest eure E-Mails”. Nach diesem Motto war die Kampagne aufgebaut. Also ähnlich wie ein Kind, das in der Schule zu anderen hin geht und sagt “guck mal, der popelt in der Nase! Wie eklig”. Oder anders gesagt: Für jemanden wie Microsoft einfach nur peinlich.

Jetzt vor ein paar Tagen stellte Nadella diese Kampagne endlich ein und konzentriert seine Kräfte auf wesentliche Baustellen.

Update-Policy

Doch auch jetzt gibt es noch einige Probleme zwischen Google und Microsoft. So entdeckte Google eine Sicherheitslücke in Windows, meldete diese und gab dem Konzern 90 Tage Zeit die Lücke zu patchen, bevor man sie veröffentlichte. Microsoft machte sich zwar an einen Patch, wartete aber auf den nächsten Patch-Day um das Sicherheitsupdate zu verteilen. Das dauerte Google zu lang, weswegen man zwei Tage vor dem Update die Lücke veröffentlichte. Zugegeben, ein ebenfalls eher kindliches Verhalten seitens Google, doch vielleicht ein sehr guter Hinweis für Microsoft um das Konzept des Patch-Days noch einmal zu überdenken.

Updates sind allgemein so eine Sache bei Microsoft. Während andere Betriebssysteme wie OS X und Linux es halbwegs schaffen Patches einzuspielen, ohne das System neustarten zu müssen (ja, manchmal ist es doch nötig), hängt Microsoft noch immer in alten Zeiten™ fest und muss fast permanent neustarten. Traurig dabei ist, dass das Anwenden des Patches nach dem Shutdown nicht erledigt ist. Jeder kennt die Meldung “Lassen Sie den PC zum Abschluss dieses Vorgangs eingeschaltet. Update x von 543 wird installiert…”. Oft kommt es dann aber vor, dass nachdem man den Computer das nächste mal startet eine ähnliche Meldung kommt. Noch bevor man sich einloggen kann, muss das Update konfiguriert werden. Manchmal startet der PC davor sogar noch einmal neu. Sicherlich kein Beinbruch, aber ärgerlich ist es doch allemal, weswegen ich mir wünsche dass Microsoft mit Windows 10 diesem Verhalten ein Ende setzt. Dadurch sollten auch wichtige Sicherheitsupdates schneller von den Nutzern installiert werden, da sie den Updater so vielleicht nicht auf manuell setzen - wie ich das gemacht habe.

Bing

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Mit Bing hat man eine direkte Konkurrenz zu Google geschaffen, was die Suche betrifft. Und auch wenn man Microsoft nicht mag, das Ergebnis ist nicht schlecht. Während die Websuche zwar noch nicht an die Qualitäten Googles herankommt, hat man bei der Bilder und Videosuche doch einiges umgesetzt, was Google schon seit Jahren nicht schafft bzw. aus rechtlichen Gründen nicht darf: Eine Slideshow sowie bei den Videos eine Mouseover-Preview.

Kurz: Die Suche ist nicht schlecht und wird mittlerweile bei immer mehr Browsern (aufgrund von großzügigen Spenden) als Default-Suchmaschine verwendet. Logisch, dass das bei Windows und dessen Browsern auch der Fall ist. Möglich ist daher, dass viele, die schon sehr eng in der Microsoft-Welt leben, auf kurz oder lang komplett auf Bing als Suchmaschine umsteigen würden. Das wäre der Super-GAU für Google, weil sie dadurch immer weiter von der Bildfläche verschwinden.

Internet Explorer/Spartan

Lange Zeit versuchte man den schlechten Ruf des Internet Explorers 6 wiederherzustellen. Das Problem war nur: Die Browser waren bis Version 11 immer wesentlich schlechter als die Konkurrenz, weswegen das einfach nicht klappte. Jetzt, seit zwei Versionen, hat man jedoch einen Browser geschaffen, welcher durchaus nutzbar ist. Nur bekommt das keiner mehr mit, da folgender Denkansatz im Kopf der meisten festgefahren ist: “Internet Explorer = schlecht”

Was hilft da? Ein neuer Name! Würde man jetzt aber den Internet Explorer einfach umbenennen, bekommt die Öffentlichkeit davon Wind und assoziiert damit “okay, Internet Explorer = neuer Name = schlecht”. Ja, wir Menschen sind dumm. Aber so ist das nunmal. Deswegen könnte Microsoft’s neue Strategie hinhauen: Man veröffentlicht neben dem Internet Explorer einen weiteren Browser mit dem Namen Spartan. Im Endeffekt ist es das selbe in lila, aber eben anders. Neugierig wie der Mensch ist, wird man das plötzlich neue Stück Software ausprobieren und es vermutlich gut finden. Wenn dann ein Großteil auf den neuen Browser umgestiegen ist, wird man ganz still und heimlich den alten Internet Explorer einstellen.

Kostenlos

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Das ist vermutlich der beste Schachzug, den Nadella mit Windows machen konnte: Es kostenlos als Upgrade anbieten. So kann jeder Microsoft Windows 7 oder höher-Nutzer ein Jahr lang kostenlos auf das neue Windows 10 aktualisieren - und läuft dabei in die Falle Microsofts mit Spartan, Bing und vielen neuen Features. Was auf kurze Sicht vielleicht ein finanzieller Nachteil für Microsoft sein mag, ist auf lange Sicht gesehen wahrscheinlich die Rettung. Schließlich gibt es genug Cloud-Services aus dem Hause Microsoft, welche man sich gut bezahlen lässt und erst durch Windows 10 wirklich integriert werden.

Im gleichen Schritt möchte man von den Versionsnummern wegkommen. Anwender nutzen also nicht mehr Windows 7, Windows 8 oder Windows 10, sondern einfach nur noch Windows. Am PC, am Tablet, am Fernseher, am Smartphone, auf der Uhr und am Kühlschrank.

Windows Phone

Und damit haben sie genau das umgesetzt, was man sich seit es Smartphones gibt wünscht: Die perfekte Integration wie man es aus jedem Science-Fiction-Film kennt. Die Anwendungen laufen überall (=Entwickler haben weniger Arbeit), die Daten werden synchronisiert und alles sieht gleich aus. Was Apple mit Yosemite und iOS 8 mäßig gut schaffte, Google mit Android komplett verpennt hat und Ubuntu schon seit zwei Jahren versucht, es aufgrund finanzieller Mittel aber nicht schafft, wird Microsoft mit Windows 10 endlich auf die Reihe bekommen.

Windows Phone wird abgeschafft und auf dem Smartphone läuft genau wie auf dem Tablet nur noch Windows. Ein Traum in blau.

Gaming/Xbox One

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Doch damit nicht genug. Mit der neuen Konsole hat Microsoft ebenfalls eine schlaue Strategie gefahren: Da sie auf der x86-Architektur basiert, kann auch diese mit Windows 10 problemlos betrieben werden - und genau das wird passieren. So wird es keinen großen Unterschied zwischen einem PC und der Xbox geben, weswegen sie plötzlich nicht mehr nur eine Gaming-Konsole ist, sondern ein komplettes Home-Entertainment-System, welches perfekt in die Windows-Welt passt. Und damit greift man plötzlich auch Steam an, da man das Spielemanagement der Konsole auf dem heimischen Computer bringen kann und somit diesen ebenfalls zur Konsole umfunktioniert.

Fazit: TL;DR

Mein persönliches Fazit zu Windows 10 ist: Nice.